01. 09. 2015 Nicola Degara EriZone & OTRS

Warum der Service Catalogue für jedes ITSM-Projekt wichtig ist

Die erste Hürde, welche ich im Rahmen der ITSM-Projekte der vergangenen Jahre überwinden musste, war meist die Interpretation des Begriffs Servicekatalog der jeweiligen Kunden. Der Unterschied zum Produktkatalog war und ist nicht immer klar. Leider missverstehen viele Kunden anfangs die Bedeutung der Haupt-Komponente der Servicekatalog-Definition – den Service.

Bereits während meiner früheren Tätigkeit im Bereich von ERP-Projekten, führte ich mehrere oft auch langwierige Diskussionen in Bezug auf Produktkataloge und deren Erstellung. Daher möchte ich hier aufzeigen, dass die Konzepte „Produktkatalog“ und „Servicekatalog“ unterschiedlichen Definitionen und Bedeutungen zu Grunde liegen und sie sich lediglich im Begriff „Katalog“ gleich sind.

EriZone Service Catalogue vs. Product Catalogue

Im Folgenden werde ich die Herkunft der beiden Begriffe analysieren, um Ihnen die Unterschiede so klar wie möglich aufzuzeigen.

Wortherkunft

Der Begriff Katalog stammt aus dem Griechischen (κατάλογος katálogos) und bedeutet so viel wie Verzeichnis/Liste, also eine Auflistung von Informationen. Informationen können innerhalb eines Katalogs gruppiert und in eine bestimmte Reihenfolge gebracht werden. Allein der Begriff Katalog, sagt also noch nichts über den Inhalt aus. Zur Aufdeckung der Unterschiede zwischen unseren beiden Begriffen, müssen wir also die Bestandteile „Produkt“ und „Service“ genauer betrachten.

Als „Produkt“ (vom lat. prodŭctum) werden die greifbaren Erzeugnisse eines natürlichen oder durch menschliche Arbeitsleistung erbrachten Herstellungsprozesses bezeichnet, dem ein ökonomischer Wert zugewiesen werden kann.

Als „Service“ hingegen (vom lat. servitium, Ableitung von servus, also Sklave), wird ein immaterielles, ungreifbares Gut verstanden. Nach ITIL ist ein Service „eine Möglichkeit, einen Mehrwert für Kunden zu erbringen, indem das Erreichen der von den Kunden angestrebten Ergebnisse erleichtert oder gefördert wird. Dabei müssen die Kunden selbst keine Verantwortung für bestimmte Kosten und Risiken tragen. […]“

Unterschiede zwischen Servicekatalog und Produktkatalog

Betrachten wir dazu ein Beispiel. Ein Ergebnis, welches ein Verkaufsleiter durch einen Service erreichen möchte, könnte „das Drucken der aktualisierten Preisliste zur Verteilung an das Verkaufspersonal“ sein. Dieses Ziel kann durch die Bereitstellung eines geeigneten Verwaltungssystems zur Erstellung der Preisliste und eines Druckdienstes für die Erstellung der papierenen Version, erreicht werden. In diesem Beispiel, stellen das ERP-System und die Druckmöglichkeit die benötigten „Services“ dar. Der Service darf nicht mit dem Ertrag oder dem Drucker bzw. der Software verwechselt werden. Diese sind lediglich Vorrichtungen, welche die Erbringung des Dienstes unterstützen. (Dieses Beispiel wird noch klarer wenn man an Cloud-Dienste denkt.)

Der Wert den der Kunde erhalten möchte, bildet den Hauptgrund, welcher den Kunden dazu treibt einen Service in Anspruch zu nehmen (oder nicht in Anspruch zu nehmen).

Um auf den Vergleich mit dem Produktkatalog zurück zu kommen, können wir einen weiteren wesentlichen Unterschied betrachten: die unterschiedlichen Adressanten der beiden Kataloge. Der Produktkatalog adressiert normalerweise den Markt, also die Kunden und mögliche zukünftige Kunden. Der Servicekatalog richtet sich hingegen (nach ITIL) fast immer an jene, welche bereits Kontakt (direkt oder indirekt) zum Dienstleister hatten.

Die Zielgruppe ist also ein wesentlicher Bestandteil zur Unterscheidung der beiden Definitionen. Denken wir beispielsweise an die Gründe aus welchen ein Unternehmen einen Produktkatalog erstellt, wird klar, dass dies nicht geschieht um den Zugang zum Produktkatalog auf einen kleinen Kreis möglicher Kunden zu limitieren. Das übergeordnete Ziel ist die Absatzsteigerung, also die Gewinnung von möglichst vielen Neukunden, deshalb wird der Zugriff auf den Produktkatalog auch allen potentiellen Interessenten ermöglicht. Denken wir hingegen an einen Servicekatalog, ist die Regelung in Bezug auf die Zugriffsberechtigung auf die einzelnen Einträge sehr wichtig (für jedes Element kann definiert werden ob der Zugriff auf eine bestimmt Gruppe limitiert werden soll oder nicht).

Access Management in Bezug auf Services

Nach ITIL v3 rev. 2011, bewilligt das Access Management, autorisierten Anwendern das Recht, einen Service zu nutzen und unterbindet gleichzeitig den Zugriff für unautorisierte Anwender.

Wird ein ITSM-Tool (z.B. EriZone) implementiert, ist es deshalb unbedingt notwendig während der Erstellung des Servicekatalogs, auch die Access Policy (Verwaltung von Anwender-Rollen und Berechtigungs-Profilen) zu definieren. Basierend auf dieser, haben die einzelnen Anwender das Recht auf gewisse Dienste zuzugreifen, oder eben nicht.

Service Value

Im Gegensatz zu Produkten, haben Services einen inhärenten Wert. Ein Produkt ist greifbar und hat daher einen konkreten Wert, welcher sich unmittelbar nach dem Kauf offenbart. Der Wert eines Services besteht hingegen daraus was durch die Inanspruchnahme des Dienstes erreicht werden kann. Der Wert erhält also eine eigene Rolle, fern der Rolle des Produkts. Die Preise und die Werte von Produkten werden von der Nachfrage am Markt und vom Hersteller selbst definiert. Der Wert eines Services hängt dagegen vom Einsatzgebiet beim Kunden ab, kann also von Kunde zu Kunde variieren. Tatsächlich wird der Wert des Services vom Kunden definiert und besteht aus einer Kombination verschiedener Charakteristiken. Schlussendlich erlaubt der Wert den Kunden die Erreichung ihrer individuellen Ziele und kann sich abhängig vom Zeitpunkt und von äußeren Umständen auch jederzeit verändern.

Service-Klassifizierung

Die ITIL-Leitlinien ermöglichen die Klassifizierung folgender Kategorien:

  • An interne Kunden gerichteter Service (internal customer-facing service):  Der Dienst ist an Kunden gerichtet, welche für dasselbe Unternehmen tätig sind als der Service Provider selbst.
  • An externe Kunden gerichteter Service (external customer-facing service): Der Dienst ist an Kunden gerichtet, welche für ein anderes Unternehmen tätig sind als der Service Provider selbst.
  • Core Service:  Ein Service, der die grundlegenden Ergebnisse liefert, die von einem oder mehreren Kunden gewünscht werden.
  • Ermöglichender Service (enabling service): Ein Service, der notwendig ist, um einen Core Service zu erbringen.
  • Erweiternder Service (enhancing service): Ein Service, der zu einem Core Service hinzugefügt wird, um ihn für den Kunden attraktiver zu machen.

Eine serviceorientierte Lösung

Während der Erstellung des Servicekatalogs, in unserem Fall in Hinsicht auf die Implementierung von EriZone-Projekten, werden normalerweise die Services aufgelistet und für jeden einzelnen Service werden jene Anwender definiert, welche auf diesen Dienst zugreifen dürfen sollen. Die Beziehung entsteht durch die Kombination von Dienst und Kunde, sodass die einzelnen Antragsteller den Zugang zu den Services, basierend auf deren Unternehmens-Zugehörigkeit, vererben können (oder eben nicht).

Angesichts der Tatsache, dass der Service der Ursprung jedes Requests ist, drehen sich in EriZone alle Prozesse um das Konzept des Servicekatalogs. Nur so können wir versichern, dass unser System serviceorientiert ist und bleibt.

Strebt man eine serviceorientierte Lösung an, so ist es sehr wichtig, dass zum Zeitpunkt der Definition des Servicekatalogs, die Verknüpfung mit den Kategorien, welche später für die Klassifizierung der Requests verwendet werden sollen, nicht vergessen wird. Die Kategorien repräsentieren die Details der Services und bieten die Möglichkeit den linguistischen Code des Anfragenden zu nutzen um die Vorteile des spezifischen Wissens, welches bereits während der Request-Erstellung vorhanden ist, zu nutzen. Die größten Vorteile einer klar definierten Liste von Kategorien ist ein hoher Prozentsatz an (sofort) korrekt klassifizierten Requests, was wiederum in einer schnellen Lösung derselben resultiert.

Ausloesung der Prozesse basierend auf dem Sprach-Code des Kunden

Auslösung der Prozesse basierend auf dem Sprach-Code des Kunden

In EriZone hat die Kategorie auch das Ziel, dem Kunden Transparenz in Hinsicht auf den ausgelösten Prozess (Incident MGMT, Request Fulfillment, usw.) zu gewähren. Stellt eine Kunde z.B. einen Request in Bezug auf den Drucker, ist er in der Lage (bzw. sollte er in der Lage sein) die richtige Kategorie auszuwählen, um die Anfrage bestmöglich klassifizieren zu können.

Der EriZone Prozess wird basierend auf der dem Ticket zugewiesenen Kategorie ausgelöst

Der EriZone Prozess wird basierend auf der dem Ticket zugewiesenen Kategorie ausgelöst

Die Kombination von Service, Kunde und Kategorie ist der Schlüssel um eine Anfrage an das richtige Kompetenzzentrum zuzuweisen. Eine klare Struktur und eine dynamische Kombination, garantiert das korrekte Involvieren des Service Desks, unabhängig von der gewählten Struktur (lokal, zentralisiert, virtuell, follow the sun, spezialisiert).

Tatsächlich würde es nicht viel Sinn machen, eine Anfrage an den zentralen Help Desk eines international tätigen Unternehmens zu schicken, welche von einem Anwender in einer Niederlassung mit separatem Help Desk stammt. Ein solcher Request wird normalerweise direkt dem lokalen Help Desk zugewiesen, welcher die Anfrage sicher am besten und schnellsten lösen kann (keine Sprachbarriere, Kenntnis der lokalen Infrastruktur usw.).

Fazit

Zusammenfassend können wir sagen, dass ein IT-Servicekatalog Informationen zu Ergebnissen, Preisen, Kontaktpunkten und Prozessen beinhaltet. Ein Servicekatalog kann aus zwei Blickwinkeln betrachtet werden, aus dem Kunden gerichteten und aus dem technischen. Kunden können die Services einsehen, durchsuchen und auswählen, während der technische Part exakt dokumentiert was benötigt wird um jeden einzelnen Service des Servicekatalogs bereitstellen zu können.

Die Erstellung des Servicekatalogs ist die Anfangsphase aller unserer Projekte. Die Sorgfältigkeit mit welcher dieser erstellt wird, ist ausschlaggebend für den Erfolg der gesamten Implementierung und im Besonderen für die Anwendbarkeit der ITIL-Best Practices im täglichen Business. Vergessen Sie daher nie: „Don’t implement ITIL! Learn how to adapt and adopt it to meet your organization’s unique challenges”.

Nicola Degara

Nicola Degara

Technical Consulting and Delivery Team Manager at @ Würth Phoenix
My name is Nicola Degara and I work as Consulting and Delivery Team Leader. With a technical developer background, I am in the IT field since the nineties. After more than 6 years’ experience as director of an international software development company in Shanghai I have been embracing, once back to Europe, the dynamic NetEye experience and philosophy in combination with international Atlassian product projects. My strong conviction towards the Open Source supports and continues to influence any reasons of my daily choices and future visions

Author

Nicola Degara

My name is Nicola Degara and I work as Consulting and Delivery Team Leader. With a technical developer background, I am in the IT field since the nineties. After more than 6 years’ experience as director of an international software development company in Shanghai I have been embracing, once back to Europe, the dynamic NetEye experience and philosophy in combination with international Atlassian product projects. My strong conviction towards the Open Source supports and continues to influence any reasons of my daily choices and future visions

One Reply to “Warum der Service Catalogue für jedes ITSM-Projekt wichtig ist”

  1. Frano says:

    Vielen Dank für die sehr guten Hinweise und Informationen zum Thema IT Servicekatalog. Vor allem die ITIL-Leitlinien helfen mir sehr weiter!

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